elfenbeinturm.net
fundiert
Sonne
Inszenierung
Leben
Impressum
Archiv
Der von einem Vogel gezogene Sonnenwagen mit Wagenlenker von Dupljaja, Serbien, aus der mittleren Bronzezeit (um 1350 v. Chr.) (Foto: Institut für Prähistorische Archäologie)

Wie sich die Sonne zum Sonnengott wandelte

Die Bedeutung des Lichtes für die Kulturen der Bronzezeit

Bernhard Hänsel

Die Sonne war für den frühen Menschen essentiell: Ihr Aufgehen bedeutete Licht und Wärme, ihr Untergang Kälte und eine tiefe Dunkelheit. Wenn sie für Tage ganz verschwand, blieb der Mensch in seiner Verzweiflung zurück – ohne Hoffnung auf Licht. So verwundert es nicht, dass die Menschen die Sonne bald kultisch verehrten. Der Berliner Prähistoriker Bernhard Hänsel erzählt die spannende Entwicklungsgeschichte, wie sich die Sonne von der güldenen Scheibe zum mächtigen Sonnengott wandelte.

Den Tagesablauf des frühhistorischen Menschen bestimmte das natürliche Licht. Wir können es uns kaum noch vorstellen, dass die Nächte wirklich dunkel waren und erst der Morgen das ersehnte Sehen erlaubte. Der frühe Mensch lebte im Rhythmus des Gestirnlaufs. Bestimmend dabei war das Sonnenlicht. Mond und Sterne waren daneben – wie es etwa die jüngst gefundene und bis zu einer Titelgeschichte im „Spiegel“ avancierte Scheibe von Nebra in Sachsen-Anhalt eindrücklich belegt – nicht unwichtig, ja sogar viel beachtet. Sie wurden sorgfältig beobachtet und dienten in erster Linie zur Bewältigung kalendarischer Anforderungen, wie sie sich jeder bäuerlichen Gesellschaft stellen. Verschiedene Saat- und Erntetermine waren durch die Beobachtungen des Laufs der Sterne und der Erscheinungsformen des Mondes festzulegen, unabhängig von den sich seit eh und je als wechselvoll zeigenden Wettererscheinungen. Mond und Sterne als Lichtquelle standen aber nur temporär und vor allem – je nach Wetterlage – unregelmäßig zur Verfügung. Auch das vom Menschen entfachte Feuer bot allenfalls kurzzeitig, räumlich beschränkt und nur in besonderen Situationen eine Lichtquelle.
Anders stand es um die Sonne. Ihr Licht schien überall und täglich über regelmäßig und allmählich sich ändernde Zeitspannen. Sie bestimmte mit ihrem Lauf den Tages- und Jahresrhythmus in allen Lebensbereichen des Alltags wie der Feste, im Norden mit seinen kurzen Wintertagen mehr als in südlichen Breiten. Die winterlich taglosen, polnahen Regionen Europas waren in der Bronzezeit noch unbesiedelt.


Der von einem Pferd gezogene Sonnenwagen von Trundholm, Dänemark, aus der älteren Bronzezeit (um 1500 v. Chr.)

Die Abhängigkeit von dem allmorgendlich wiederkehrenden, das heißt nicht immer vorhandenen Licht der Sonne war tief im Bewusstsein der Menschen verankert. Die antike Literatur ist voll von Berichten über Unordnung und Unsicherheiten stiftende Sonnenfinsternisse, die die Regelmäßigkeit der Wiederkehr des Lichts unterbrochen hatten. Im bronzezeitlichen Europa bestimmte der Lauf der Sonne Kultpraktiken, er war Ziel und Inhalt von Ritualen. Das Sonnenlicht musste erhalten, der Lauf der Sonne begleitet und der Verlust des Lichts unter allen Umständen verhindert werden. Der tägliche Sonnenaufgang, also das Tageslicht, wurde durch Rituale herbeigeholt. Der Mensch verstand sich als Glied des Kosmos. Er wollte zum Erhalt der geregelten Tagesabläufe seinen Beitrag leisten und seine Einbindung in das System des täglichen und jährlichen Lichtzyklus zelebrieren. Für die Zeit unmittelbar nach Christi Geburt, also lange nach der Bronzezeit (2200–800), berichtet Tacitus zum Beispiel über die Germanen, dass sie sich vor nichts fürchten, außer vor dem Zusammenbruch des Firmaments, also vor dem Verlust des Sonnenlichts.
Die Sonne erfuhr Verehrung, längst bevor es Vorstellungen von Göttern in Menschengestalt gab. Das belegt ein außergewöhnlicher Fund von der dänischen Hauptinsel Seeland sehr eindrucksvoll: 1902, also vor rund 100 Jahren, wurde bei Trundholm in einem Moor ein dort im 15. vorchristlichen Jahrhundert sorgfältig niedergelegtes Ensemble von zusammengehörigen Gegenständen geborgen, das zusammengesetzt als Gruppe technisch wie formal zu den Meisterwerken bronzezeitlichen Metallhandwerks gehört.
Gefunden wurden ein Pferd, eine wunderschön verzierte große Scheibe, auf der einen Seite glänzend goldbelegt, auf der anderen in stumpf scheinender Bronze belassen, sowie Reste eines Wagens und diverse Bronzedrähte, die als Zügel bzw. Schirrung für das Pferd gedeutet werden. Auf den ersten Blick erschien das sicher zusammengehörige Ensemble wie ein spielzeugartiges Wagengespann zum Transport der Scheibe. Die behutsame Wiederherstellung im Museum, die alle Details zu einem technisch plausiblen Gesamtwerk zusammenfasste, erbrachte aber ein ganz anderes Ergebnis. Nicht das Pferd zieht den Wagen, es steht vielmehr auf dem langen Gefährt vor der sehr großen Scheibe, mit der es eine durch die Zügelreste verbundene Gruppe bildet. Pferd und Scheibe haben je eine kleine Öse, die durch die Zügel oder Schirrung miteinander verbunden waren. Die Scheibe selbst lenkte das Pferd, aktiv und direkt – so jedenfalls wollten es der Gießer und seine Auftraggeber. Der Wagen gehörte nicht unmittelbar zu der Hauptgruppe, er war eine Art Untergestell zum Transport, zur Bewegung der Einheit von Scheibe und Pferd. Diese Komposition steht weitab einer praktischen Verwendung, es handelt sich um ein Kultgerät und sie scheint in einer spezifischen Zeremonie bewegt worden zu sein.
Dass die Scheibe die Sonne symbolisiert, ist nie ernstlich bezweifelt worden. Die Begründung dafür kann hier nicht im Einzelnen vorgestellt werden. Sie ergibt sich aus der Analyse des erhebliche mathematische bzw. geometrische Kenntnisse offenbarenden, kompliziert gestalteten Ornaments. Nur soviel sei gesagt: Die gewölbte Scheibe stellt mit ihren aufrecht stehenden beiden Schauseiten die golden strahlende Tagessonne und die stumpfe, nicht sichtbare, aber doch vorhandene Sonne während der Nacht dar. Das Gefährt konnte in einer Rundfahrt so bewegt werden, dass einmal das Symbol des Tages – die Goldseite – und nach einer Biegung die stumpfe, bronzen verbliebene Nachtseite zu sehen war. Der Verlauf des Sonnenweges über den Himmel und hinter dem Horizont konnte so nachvollzogen, besser gesagt zelebriert und Betrachtern verständlich gemacht werden.
Wichtig zu verstehen ist, dass die große, optisch dominante Scheibe das Wesentliche der Gruppe darstellt. Das Pferd ist ihr untergeordnet, es wird von der Scheibe gelenkt, es spielt eine dienende Rolle, es hat die Sonne zu ziehen. Der Wagen schließlich, der minutiös eine funktionale bzw. eine technisch ausgereifte Konstruktion nachbildet, hat mit der eigentlichen Szene der Gruppe nicht viel zu tun. Er bildet lediglich ein bewegliches Gestell zu deren realer Bewegung in einer Zeremonie, die den Zug der Scheibe in einer bestimmten Bahn verlangte. Der Weg der Sonne war das Wichtige, der Wagen das Mittel, diesen nachzuvollziehen. Den konkreten Einsatz des Gespanns im Kult kennen wir nicht und werden wir auch nie erfahren. Dass es aber eine Bedeutung in einem Kultakt hatte, steht außer Frage.
Wie lange und wie oft das Kultgespann benutzt worden ist, wird ebenfalls ein Geheimnis bleiben. Wir wissen, dass es im beschädigten Zustand, aber doch rücksichtsvoll und behutsam in einem Moor bzw. an einem See – abseits von Siedlungen und Gebäuden – niedergelegt worden ist. Der Ort sagt uns, dass das Gespann nicht nur kurzzeitig versteckt worden ist, sondern nie mehr gehoben werden sollte. Offenbar gab es zu einem bestimmten, für uns aber leider nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt keine Verwendung mehr für das Gespann. Hatten sich die Kultpraktiken gewandelt? Wurde die Licht- und Sonnenverehrung aufgegeben oder in anderer Form fortgesetzt, so dass für das alte Kultgerät kein rechtes Verständnis und keine Verwendung mehr bestanden? Die partielle Zerstörung, vor allem der Räder, legt diese Annahme nahe. Man könnte vielleicht an eine Art bilderstürmerischen Akt denken, an ein Unschädlichmachen nicht der eigentlichen Kultgruppe, wohl aber des Mittels, sie zu bewegen, nämlich des Wagens. Die Ehrfurcht vor dem Kultgerät war erhalten geblieben, das Gespann ist nicht in den damals üblichen Recyclingprozess wertvollen Metalls rückgeführt worden. Es wurde – einmal aus dem Gebrauch genommen – der Profanisierung durch die Niederlegung im Moor entzogen. So ist es bis auf den heutigen Tag erhalten geblieben. Dennoch hat es seinen spezifischen Verwendungszweck verloren.
In der Sonnen- und Lichtverehrung hatte sich nach der Mitte der Bronzezeit, etwa spätestens ab 1300 v. Chr., tatsächlich etwas geändert, was die Kultpraxis – und nicht nur die – anbetrifft. Große Änderungen im bronzezeitlichen Kulturgefüge des ganzen europäischen Kontinents haben einschneidende Auswirkungen bis tief hinein in das religiöse Alltagsverhalten gehabt. Sie beginnen mit dem 14. bis 13. Jahrhundert v. Chr. und haben bis etwa 800 v. Chr. Bestand. Wir nennen diese Periode auch die Urnenfelderzeit, weil sich im Umgang mit den Toten und dem Tode andere Formen und Vorstellungen durchgesetzt haben. Die Körper der Verstorbenen wurden nicht mehr in einer mehr oder weniger reichen Ausstattung dem Boden anvertraut, sie wurden im Feuer mit seinem aufsteigenden Rauch aufgelöst. Es findet also die Entkörperlichung des Verstorbenen statt. Nur die auf dem Scheiterhaufen verbliebenen Knochensplitter werden in Urnen gesammelt und in kleinen Grabgruben vergraben. Diese neue Form der Bestattung ist von Bulgarien bis Skandinavien zu beobachten, sie ist ein bedeutsames Indiz für einen grundsätzlichen Wandel im Weltbild und in der Religion, der den ganzen Kontinent prägt. Auch die Vorstellungen von göttlichen Mächten wandeln sich, wie ein Blick nach Griechenland zeigt. Hier wird auf dem Festland in der so genannten spätmykenischen Zeit, mit ihren großen Palästen und deren komplizierten Wirtschaftsverwaltungen, zum ersten Mal geschrieben, und seit dem 14./13. Jahrhundert v. Chr. zum ersten Mal auch über Götter berichtet, die als Personen bzw. in Menschengestalt gedacht werden. Diese haben „Zuständigkeiten“, sie widmen sich bestimmten Lebensbereichen der Menschen. Mit der Differenzierung der Gesellschaft geht die Differenzierung der Glaubenswelt einher. Der oben angesprochene Sonnenwagen ist auch in Griechenland in den religiösen Vorstellungen präsent. Er wird aber von Helios – einer Gottesmacht in Menschengestalt – gelenkt. Aus der Sonne wird der Sonnengott, der mit seinem Gespann über das Firmament fährt. Nicht nur in Griechenland kennen wir diesen Prozess der Personifizierung göttlicher Macht, auch aus dem Inneren unseres Kontinents sind Beispiele dafür seit dem 14. Jahrhundert v. Chr. überliefert. So wurde im serbischen Dupljaja – unweit der Donau, die einen der wichtigsten Verkehrsstränge des urzeitlichen Europas darstellte – ein von Wasservögeln gezogener Wagen aus Ton gefunden, auf dem eine den Wagen lenkende Gestalt steht (siehe Titelbild).
Der Wagenboden ist mit dem Sonnensymbol, dem Rad, versehen. Er kann als Sonnenwagen gelten. Die männliche Figur ist als Sonnengott anzusprechen, weil eine spätere griechische Überlieferung davon berichtet, dass der Sonnengott Apollon auf einen von Schwänen über den Himmel geführten Wagen zu seinem Winteraufenthalt in das Land der Hyperboräer, der Nordmänner, reist.


Abbildung 1: Darstellung der „Vogelsonnenbarke“ auf einem Metallgefäß aus Parchim (Foto: Institut für Prähistorische Archäologie)

Wasservögel beherrschen das Motivgut religiöser Darstellungen seit dieser Zeit auch weiter im Norden bis nach Skandinavien. Sie begegnen uns dort als Steven an dem neuen Sonnengefährt, dem Schiff, wie es die Umzeichnung der Punzverzierung von einem Bronzekessel aus dem mecklenburgischen Parchim (Abbildung 1) zeigen kann.


Abbildung 2: Die „Vogelsonnenbarke“ in Form von Felsgravuren, Bohuslän, Schweden (Foto: Institut für Prähistorische Archäologie)

In Abbildung 2 wird die zentrale Bedeutung des Sonnenrades dadurch herausgehoben, dass sich der Schiffsrumpf im Bogen dem Sonnenrund anpasst. Ein Ausschnitt aus einer der vielen großflächigen Gravuren im harten Granitfels Westschwedens bei Bohuslän formuliert sehr schön, dass der Sonnenwagen durch das Sonnenschiff abgelöst wird.
Das Schiff, nicht der Wagen, transportiert die von einem Pferd gezogene Lichtscheibe. Schiffsdarstellungen im skandinavischen Raum zeigen ferner, dass die Sonnenscheibe nun auch zusammen mit göttlichen oder menschlichen Figuren auftritt (Abbildung 3).


Abbildung 3: Darstellung der „Vogelsonnenbarke“, ebenfalls Felsgravur, Schweden (Foto: Institut für Prähistorische Archäologie)

Die Darstellung des Menschen und menschlich gedachter Götterbilder sind immer wieder in Zusammenhang mit dem Schiff überliefert, das im Norden weiterhin sehr oft am Bug wie am Heck in Pferdeköpfen endet, wie hier in einem Fund von Bronzegegenständen von der dänischen Insel Fünen.
Ein weiteres Beispiel aus der Zeit um 900 v. Chr. aus dem westpolnischen Radolinek/Floth kann den Wandel des Umgangs mit der verehrungswürdigen Sonne zwischen der Frühzeit wie in Trundholm und der Urnenfelderzeit deutlich machen. Dort wurde in einem aus verschiedenen Gegenständen bestehenden Bronzeschatzfund, einer Dedikation an eine Gottheit, auch eine großflächig verzierte Gürtelplatte mit einem Hakenende gefunden.
Die zunächst wie ein nicht gleich verständliches Ornament oder wie eine einfache, nur dekorativ hübsch anmutende Verzierung aus Buckeln und Gravuren wirkende Darstellung erzählt jedoch eine ganze Geschichte von der Sonne, ihrem Licht, ihrer Bewegung und ihrer Personifikation in der Bild- und Zeichensprache der ausgehenden Bronzezeit. Die Lesehilfe lässt folgendes verdeutlichen: Die ovale bis rhombische Platte hat ihr funktional wichtiges Ende auf unserer Abbildung links, dort wo sich eigentlich der Haken des Gürtels befindet. Hier liegt der Zielpunkt der Darstellung, die symmetrische Mitte. Auf der unteren Abbildung auf Seite 35 ist sie links unten dargestellt – um 90 Grad gedreht und mit Worterläuterungen versehen. Dass es sich bei der vereinfachten Strichdarstellung in der Mitte dieses Ausschnitts um eine menschliche Gestalt handeln muss, kann hier nicht gründlicher erläutert werden. Es gibt aber genügend viele Parallelen unterschiedlichen Abstraktionsgrades, die dies belegen. Wichtig für die Interpretation der Gürtelplattenszene ist, dass diese Gestalt keinen Kopf hat, der stilistisch in der gleichen Strichmanier ausgeführt ist. Statt dessen endet ihr Körper bei einem großen punktgesäumten Buckel. Dass dieser als Sonne anzusprechen ist, wird durch seine Anschlusskomposition belegt: Er gehört zu einer Reihe von sechs gleichen Buckeln als zentrale Mittelachse der gesamten Bildkomposition der Gürtelplatte. Drei dieser sechs Buckel werden von geschnäbelten und gefiederten Tieren gezogen, wie es für die Sonne sein muss. Die Sechserreihe symbolisiert also den Lauf der Sonne in einem Rhythmus der Einheit „sechs“. Mal bewegen sich die Zugtiere nach unten und mal nach oben, was wohl den Auf- und Untergang der Sonne erfassen soll. Spiegelbildlich und symmetrisch erscheint in den Seitenteilen der Gürtelplatte je ein bogenförmig gestaltetes Schiff mit den typischen, in Tierform gestalteten Bug- und Heckpartien. In dem Schiff steht jeweils eine Gestalt, diesmal mit Kopf und erhobenen Armen. Über der Gestalt erkennt man drei bogenförmig angeordnete „Sonnenbuckel“, die beiden äußeren werden von Tieren gezogen. Ist dies ein Mensch in der Haltung eines Bewunderers, eines Beters in dem aus Griechenland so gut bekannten Gestus, durch Armheben den Bezug zur Transzendenz herzustellen? Ich glaube, ja. Das Gebet gilt der die Figur umgebende Sonne in ihrer Bewegung. Die Dreiheit zeigt deren Lichtwandel mit Aufgang, Zenit und Untergang.
Für das Gesamtverständnis des Bildes ist bedeutsam, dass die eben gedeuteten Szenen von zwei viel größeren, sich bandförmig erstreckenden, das Randornament der Gürtelplatte darstellenden Schiffen umgeben werden. Die kleinen Tierköpfe am Ende der Randbänder zeigen, dass sie als Schiffe aufzufassen sind. Diese durch ihre Größe als wichtig herausgehobenen Wasserfahrzeuge bewegen sich auf die eingangs besprochene Gestalt mit Sonnenkopf zu und geben dieser dadurch eine besondere Bedeutung. Liest man die Szene bis zum Ende, so wird man in ihr eine Personifikation der Sonne, des Lichts erkennen wollen, auf die sich große Schiffe zu bewegen. Letztere transportieren die mit Adoranten gefüllten kleinen Schiffe. Über allem befindet sich der Lauf der Sonne als zentrale Buckelreihe.
Der Unterschied gegenüber dem Wagen aus Trundholm aus der Zeit um 1500 v. Chr. und der Platte aus Radolinek/Floth, gut 500 Jahre später, besteht also in der Auffassung vom Wesen der Sonne. Dort unpersönlich als reine Scheibe, allein und als Mittelpunkt der ganzen Gruppe dargestellt, hier in der Personifikation und durch die Multiplizierung in ihrer Bewegung symbolisiert. Dort auf dem Wagen, später in Zusammenhang mit dem Schiff.
Immer sind es die Sonne und ihr Licht, die im Kult eine Rolle spielen. Aus der Frühzeit des Trundholmer Wagens ist das Kultgerät unmittelbar überliefert, später wird es im Abbild des Kultprozesses als Szene wiedergegeben. Wagen und Schiff sind es, die das Licht transportieren. Lateinisch formuliert, erscheinen beide in dem uns heute noch in seiner Herkunft unklaren Brauch, Karneval zu feiern, sie bilden das Wort „Karneval“ – carus navalis. Sollte nicht vielleicht doch etwas von der bronzezeitlichen Lichtverehrung und dem damit verbundenen Kult über alle Hürden der zivilisatorischen Wandlungsprozesse bis auf unsere Tage erhalten geblieben sein?

Seitenanfang

Warum Finsternis Staatskrisen auslöste
Die "Natur" der Sonne im alten Zweistromland

Vornehme Bräune oder: Wie man sich am besten vor der Sonne schützt
Die Rolle der Lipid-Nanopartikel für die Entwicklung neuer Sonnenschutzmittel

Sonnen-induzierter Hautkrebs
Neue Therapiestrategien beim malignen Melanom

Wie sich die Sonne zum Sonnengott wandelte
Die Bedeutung des Lichts für die Kulturen der Bronzezeit